top of page

16.07.2007, MZ

Tanzgalas

 

 

 

 

 

 

Vier Tänzerinnen des Kinder- und Jugendtanzensembles der TSG GutsMuths wurden bei der Tanzgala verabschiedet. Darunter war auch Victoria Gabriel (links), hier bei einem klassischen Tanz. (MZ-Foto: Chris Wohlfeld)

Mit Herzklopfen beim letzten Auftritt

Kinder- und Jugend-Tanzensemble: Stress für Elfen, Trolle und Hexen

von Victoria Gabriel

 

Quedlinburg/MZ. Mit zwei großen Tanzgalas verabschiedete sich das Kinder- und Jugend-Tanzensemble der TSG GutsMuths Quedlinburg in die Sommerpause. Wie in jedem Jahr zeigten die 130 Tänzer und Tänzerinnen zwischen vier und 40 Jahren im Großen Haus des Nordharzer Städtebundtheaters die Laufe des Jahres erlernten Tänze. Unsere Autorin Victoria Gabriel (19) stand zum letzten Mal selbst auf der Bühne.

Quedlinburg/MZ. Die Haare streng frisiert, genügend Schminke im Gesicht, am Kostüm wird hier und dort noch gezupft und wenn man ganz genau horcht, hört man viele Herzen schnell schlagen. Es ist kurz vor 16 Uhr im Nordharzer Städtebund-Theater Quedlinburg. Am Montag findet die Tanzgala "Tanzträume-Traumtänze" statt. Mein Herz schlägt doppelt so schnell als bei üblichen Auftritten, denn diese Tanzgala wird die letzte für mich sein - nach 13 Jahren.

Lange probten wir wie jedes Jahr Schritte, Sprünge, Drehungen und andere Elemente. Doch den diesjährigen Vorbereitungen schloss sich der Abiturstress an mit dem Gewissen, es werden die letzten Vorbereitungen sein. Den Eröffnungstanz "Unbekannte Welt" haben wir erst in diesem Jahr einstudiert. Bei einem Tanzwettkampf in Rudolstadt belegten wir einen vierten Platz unter 13 Teilnehmern.

Nachdem der erste Gang auf die Bühne erfolgreich absolviert wurde und das Publikum dies mit Applaus honorierte, riecht es hinter der Bühne förmlich nach Stress. Während im Anschluss Elfen, Trolle und Hexen die Zuschauer in den Märchenwald entführen, bin ich schon wieder dabei mich abzuschminken, neu zu frisieren und umzuziehen. Auch unsere Jüngsten begeisterten unsere Gäste. Dann ist "Showtime". Moderne Tänze wie ein Cancan, Rock`n Roll oder Stepptanz unterhalten die Besucher. Mit "Das verrückte Klassenzimmer" erlebt das Publikum die erste Premiere des Nachmittags. Erleichterung ist bei den Tänzern der Mittelgruppe zu spüren als sie die Bühne wieder verlassen. Auch wenn sich bei der letzten Probe eine Tänzerin verletzt hatte, war ihr neuer Tanz ein voller Erfolg.

Im nächsten Teil des Programms wollen wir unsere klassisches Repertoire präsentieren. An dieser Stelle kommt unser besonderer Gast zum Einsatz. Katharina Schmidt von der Staatlichen Ballettschule Berlin hat einen Gastauftritt bei uns. Ihre ersten Schritte lernte sie bei uns, genau wie ihre kleine Schwester Luisa, die wir in diesem Jahr ebenfalls an die Ballettschule in Berlin verabschieden. Nachdem Katharina mit ihren Spitzenschuhen über die Bühne schwebte und nicht nur die Zuschauer zum Staunen brachte, werden Christine, Carolin, Juliane und ich an die Hand genommen und auf die Bühne gezogen.

Gemeinsam mit den anderen drei Tänzerinnen absolvierte ich in diesem Schuljahr das Abitur. Nach vielen Jahren von Freude, aber manchmal auch Genervtsein am Tanzen müssen wir nun unser größtes Hobby vorerst aufgeben. Aber vor allem die anderen Tänzerinnen sowie unsere Trainerin Corinna Ehrig werden wir vermissen. Nun werden wir verabschiedet mit melancholischen Worten und einigen Tränen. Gut, dass nun die Pause folgt, damit das vom Weinen verschmierte Make-up noch einmal aufgefrischt werden kann.

"Kinderzeit" steht auf dem Programm und unsere Kleinen zeigen was sie schon alles drauf haben. Gedanklich bin ich auch bei meinen tänzerischen Anfängen. Es ist schon ein komisches Gefühl den Schustertanz anzusehen, war er doch genau vor 13 Jahren mein erster Tanz den ich aufführen durfte.

Damals fand unser Tanzabend noch im Kaiserhof statt und stand unter der Leitung von Frau Bamme, die das Ensemble 25 Jahre leitete. Sie schuf etwas Einmaliges, von dem ich 13 Jahre lang ein Teil war. Im Übrigen sind wir heute immer noch extrem angespannt, wenn wir vor einem Auftritt erfahren, dass Frau Bamme zuschauen wird. Viele verschiedene Trainer erlebten wir, die Große Gruppe, hatten manchmal sogar das Gefühl, einfach nur vom einen zu anderen geschubst zu werden. Dass dem nie so war, ist uns spätestens jetzt bewusst, denn unsere organisatorische Leiterin, Heike Oehring, gab sich stets große Mühe, Alternativen zu suchen und jeden zufrieden zu stellen.

Die "Kinderzeit" ist vorbei, die Nachwuchsgruppe hat ihre Premiere mit dem "Bilderrahmen" hinter sich gebracht und die ganz Kleinen haben bereits gezeigt, welch tolle Spinnen sie sein können. Hoffentlich beweisen diese Kinder auch einmal solch ein Durchhaltevermögen wie wir, das ist nämlich mittlerweile selten. Auch mit mir fingen mindestens 30 andere Kinder an - von diesen Anfängern bin ich die einzige, die es bis zum Schluss aushielt. Den anderen drei Abgängerinnen geht es genauso.

Der letzte Block trägt den Titel "Frauenbilder" und obliegt den Ehemaligen sowie meiner Gruppe. Hinter der Bühne herrscht wie immer viel Hektik, schließlich kommt doch jeder pünktlich auf die Bühne, denn gegenseitige Hilfe wird bei uns groß geschrieben. Dass jeder bei seinem großen Moment gut aussieht, ist das Werk von Christiane Loer. Sie betreut den Fundus, schneidert uns die tollsten Kostüme und ist ein wahrer Engel. "El corazòn partido" (spanisch: Liebeskummer) ist unsere Premiere, höchstwahrscheinlich die letzte.

Carolin choreographierte nur für uns vier Abgängerinnen diesen Tanz und besonders jetzt ist die Aufregung riesig, schließlich möchten wir uns mit diesem Tanz von unserer Gruppe verabschieden. Der tosende Applaus gibt uns Gewissheit - wir haben unsere Sache gut gemacht. Leider können wir das Gefühl nicht lange genießen, denn während die Ehemaligen zum ersten Mal ihren neuen Tanz "Allein" präsentieren, müssen wir uns zum letzten Mal umziehen.

Noch ein einziges Mal werden wir mit allen Tänzerinnen der Großen Gruppe auf den Brettern, die die Welt bedeuten, stehen. Alle anderen hummeln schon auf das gemeinsame Finale, doch vorher dürfen wir letztmalig unser tänzerisches Können zeigen. Im Anschluss tragen über 100 Tänzerinnen und Tänzer das traditionelle Finale vor. Als sich der Vorhang schließt, habe ich noch nicht realisiert, dass ich das alles zum letzten Mal miterlebt habe.

Was bleibt, sind viele schöne Eindrücke nicht nur von Proben und Auftritten, sondern auch von gemeinsamen Feiern, Wettkämpfen oder Trainingslagern. Wer weiß, vielleicht stehe ich, wie viele andere ehemalige Tänzerinnen es jedes Jahr tun, auch während der Pause plötzlich wieder einmal in der Garderobe. Auf jeden Fall möchte ich auch einmal "nur" Gast sein bei einem der Tanzabende in den folgenden Jahren.

Bedanken möchte ich bei meiner Trainerin Corinna Wittchen und den Tänzerinnen, mit denen ich so eine schöne Zeit erleben durfte. Besonderer Dank gilt meinen Eltern, die es mir so lang Zeit ermöglicht haben in dem Ensemble mitzuwirken und mich unterstützt haben so oft sie nur konnten. Die Mitgliedschaft in diesem Tanzensemble war nicht immer einfach, oft stressig, meistens schön und hat mich sehr geprägt. Außerdem werde ich immer stolz sein, behaupten zu können, 13 Jahre lang ein Mitglied dieser Tanzgruppe gewesen sein zu können und werde mit einem lachenden sowie weinenden Auge davon erzählen.

 

bottom of page